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Didaktische Notizen zu dem Jugendroman „Mimi und Aïcha“ von Mina Oualdlhadj

Cover Mimi und Aicha

2009 hat jede interessierte Sekundarschule kostenlos zwei französische und zwei deutsche Exemplare des Buches erhalten.

Nun stellt die Französischen Gemeinschaft den Lehrern Tipps zum pädagogischen Einsatz des Buches im Unterricht zur Verfügung. Diese "note pédagogique" finden Sie unter diesem Artikel im Bereich "Downloads".

Der Roman

Auf sehr persönliche und emotionale Weise schildert Mimi, eine in Brüssel lebende Belgierin marokkanischer Abstammung, ihren Werdegang und den ihrer besten Freundin Aïcha. Mimi hat Marokko schon sehr früh verlassen und keine Erinnerungen mehr an ihr Herkunftsland, während Aïcha sich sehr wohl noch an die – aus ihrer Sicht – unbeschwerten Tage in ihrer sonnigen Heimat erinnert.

Beide haben eine sehr schwere Kindheit und Jugend. Trotz ihres belgischen Passes werden sie oft diskriminiert – auch von den eigenen Lehrern. Noch schwieriger aber gestaltet sich das Verhältnis zu den Eltern. Diese erwarten, dass ihre Kinder auch in Europa nach den im Maghreb gültigen Regeln leben. Daraus ergeben sich für die beiden jungen Frauen große Konflikte. Das Leben von Mimi und Aïcha ist ein ständiger Kampf um ein wenig Freiheit und Selbstständigkeit.
Die lang ersehnte Klassenfahrt nach Florenz zum Beispiel darf die überdurchschnittliche
Schülerin Mimi nicht antreten, weil der strenge Vater bestimmt: „So lange ich lebe, wirst du keine Nacht außer Haus verbringen.“ Alle Gegenargumente nützen nichts, denn der Vater bestätigt zwar, dass er Vertrauen in seine Tochter habe, gibt jedoch dem sozialen Druck seiner eigenen Gemeinschaft nach: „[…] was würden meine Freunde denken? […] Wenn du mitfährst, hängen sie dir einen schlechten Ruf an.“
Doch nicht nur bei größeren Unternehmungen stoßen die Mädchen auf Schwierigkeiten. Selbst im Alltagsleben müssen sie zu ausgefeilten „Kriegslisten“ greifen: Ein Kinobesuch oder das Tragen eines modischen Rockes – beides strikt verboten! – werden zum risikoreichen Abenteuer. Mimis Schulfreundin Rachida erstarrt vor Schreck, als sie plötzlich – mit verkürztem Rock und offenem Haar - auf der Straße ihrem Vater begegnet. Mimi ermuntert die Freundin, starr an ihm vorüberzugehen, und tatsächlich erkennt der Vater sie nicht. Später erzählt er ihr, er habe ein Mädchen gesehen, das ihr ähnele, aber gekleidet gewesen sei wie ein Mädchen mit schlechtem Lebenswandel. Rachida hat zuviel Angst vor der Reaktion des Vaters, um „vor seinem Mörderblick den Besserwisser zu spielen“, doch zu gern hätte sie ihm ins Gesicht gesagt, dass ein Mädchen noch lange keine „Nutte“ ist, weil es sich anzieht wie die Mädchen seines Alters.
Die lebhafte und ungeschminkte Schilderung des Alltags dieser jungen Frauen veranschaulicht dem Leser, dass sie gewissermaßen eine doppelte Persönlichkeit entwickeln müssen, um den widersprüchlichen Anforderungen ihrer beiden Welten gerecht zu werden.

Einsatz im Unterricht

Der Roman liest sich einfach und ist aufgrund der Jugendsprache für Schüler leicht zugänglich. Lobenswert ist vor allem, dass er trotz seines flotten Tons tiefe Einblicke in die Problematik von Menschen mit Migrationshintergrund erlaubt. Anschaulich werden dem Leser die Konsequenzen vor Augen geführt, die die Immigration sowohl für die erste als auch für die zweite Generation mit sich bringt. Die Auswirkungen auf das Alltagsleben und die Mentalität unserer ausländischen Mitbürger werden anhand von Mimis und Aïchas Schicksal beispielhaft dargestellt. Ein packendes Buch, das sich – trotz einiger stilistischer Mängel - hervorragend als Diskussions- oder Projektgrundlage für 15-18-jährige Schüler eignet.