Euregio Wollroute: Wanderung durch die Industriegeschichte

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Das Kernland der Euregio Maas-Rhein zwischen den Oberzentren Aachen, Maastricht und Lüttich hat eine reiche industriegeschichtliche Vergangenheit. Nicht zuletzt die Wollverarbeitung prägte über Jahrhunderte das Gewerbeleben der Region. In Aachen wurde schon zur Zeit Karls des Großen gesponnen und gewebt, die Produkte auf großen Märkten und Messen in viele Länder verkauft. Die Feintuche aus Montjoie (Monschau), Vaals, Eupen und auch Verviers waren schon ab dem frühen 18. Jahrhundert überall auf der Welt zu finden.

Seit 2006 ist eine dreisprachige Broschüre erhältlich, die kurz die Textilgeschichte der einzelnen Orte beschreibt und die jeweils wesentlichen Baudenkmäler vorstellt. Sie eröffnet dem Benutzer die Möglichkeit, diese Orte selbstständig zu erkunden.
Die Broschüre ist für Interessierte kostenlos bei GrenzGeschichteDG erhältlich.

Rundgang durch Eupen zum Thema „Aufstieg und Fall des Eupener Textilgewerbes und die soziale Lage der dort Beschäftigten“

Bis weit in das 17. Jahrhundert hinein wurden im Eupener Land im Nebenerwerb nur einfache Tücher aus einheimischer Wolle für den Eigenbedarf angefertigt.
Nachweislich seit dem Jahr 1680 wurden in Eupen dann Feintuche hergestellt, die ihrer ausgezeichneten Qualität wegen – sie konnten mit jedem englischen Produkt konkurrieren –, schon bald auch in den entlegensten Winkeln der damals bekannten Welt zu finden waren.
Dieser Tuchexport begründete den enormen Reichtum zahlreicher in Eupen ansässig gewordener Kaufmannsfamilien. Dieser Reichtum schlug sich bereits im frühen 18. Jahrhundert in der Errichtung zahlreicher Prachtbauten nieder. Eupen war damals einer der bedeutendsten Textilorte auf dem europäischen Kontinent!

Im Mittelpunkt der Eupener Wollroute steht somit die Betrachtung zahlreicher gut erhaltener Kaufmannshäuser in der Eupener Oberstadt, die vom späten 17. Jahrhundert bis in die Endphase des 18. Jahrhunderts – oft von bedeutenden zeitgenössischen Baumeistern ( J. J. Couven, L. Mefferdatis, Moretti  aber auch J. C. Schlaun) geplant und teilweise auch ausgeführt worden sind.
Auf dem Rundgang betrachten wir aber nicht nur die großartig gestalteten Vorderfassaden, sondern besuchen auch wenn möglich die Innenhöfe, wo sich die ehemaligen Werkstattgebäude aus jener Zeit, die sog. ‚Schererwinkel’, befinden: Hier führten Facharbeiter die für die Qualität der Feintuche so entscheidende Appretur durch.
Die Schererwinkel stellen die Spezifizität der Eupener Tuchproduktion in vorindustrieller Zeit dar und sind so an keinem anderen Ort zu finden!

Die Eupener Wollroute umfasst aber auch den Besuch der Klosterkirche und der Hauptpfarrkirche St. Nikolaus. In Ersterer befinden sich zwei herausragende Altäre, die von den Eupener Tuchhandwerkern des 18. Jahrhunderts gestiftet worden sind: einer von den einheimischen  Webern, ein anderer von den zugezogenen Tuchscherern, der auch ihre wesentlichen Werkzeuge – Schere und Rauhkarden – zeigt.
In der St. Nikolauskirche – einer Meffordatis/Couven Co-Produktion – finden sich noch heute auf den Bänken die Namen der bekanntesten  Eupener Tuchkaufmannsfamilien aus dem 18. Jahrhundert. Die Gestühle waren lebenslang gepachtet oder wurden sogar vererbt.

Auch ein Besuch auf dem Eupener städtischen Friedhof sollte unverzichtbarer Bestandteil des Besuchs sein. Auf diesem zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegten Beerdigungsplatz finden sich u.a. herausragende Denkmäler bedeutender Eupener Tuchkaufleute und ein Gedenkort für einen der Pioniere der christlichen Textilarbeiterbewegung Franz Bartholemy.

Zum Abschluss empfiehlt sich ein Besuch auf der Mohrenhöhe: Hier bietet sich ein wunderbarer Blick auf die zur Napoleonischen Zeit entstandene Unterstadt mit ihren zahlreichen damals hochmodernen Manufaktur- und Fabrikgebäuden. Von hier blicken wir auf das ab 1906 gebaute Kammgarnwerk – heute Teil des Kabelwerks, das ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand.